Entlassungsfeier Abitur 2024

Das Tal ist durchgangen

Berchtesgaden – Es war heiß und ein wenig schwül in der Aula des Gymnasiums Berchtesgaden.

Und auch die These »Leinen kühlt« wurde am Ende von Schulleiter Andreas Schöberl infrage gestellt. Am Ende der Entlassungsfeier Abitur 2024 erhielten 39 – nun ehemalige – Schüler des Gymnasiums aus den Händen von Andreas Schöberl und Rupert Aigner ihr Abschlusszeugnis.

Immerhin vier von ihnen gelang es, den Abschluss mit der »Traumnote 1,0« zu realisieren und wurden von Marktbürgermeister Franz Rasp mit besonderer Ehrung bedacht. Weitere vier erfuhren eine Ehrung durch den Landkreis, überreicht vom stellvertretenden Landrat Michael Koller. Sie konnten einen Notendurchschnitt von 1,5 und besser erreichen. Viktoria Jost erhielt den von der Marktgemeinde Berchtesgaden ausgelobten Sozialpreis.
Es wurde viel geredet bei dieser Entlassungsfeier, wie immer. Zwischendurch setzte aber ein Vokalensemble unter der Leitung von Simone Resch kleine musikalische Entspannungspunkte, was wohltuend war. Den Rednerreigen eröffnete der stellvertretende Schulleiter Markus Spiegel-Schmidt, der die polnische Literaturnobelpreisträgerin Olga Tokarczuk mit einem sehr langen Satz über die Wahrheitsfindung zitierte, die wohl nicht im äußeren Schein zu finden sei und sich (möglicherweise) in den Dingen des Inneren verbirgt. Spiegel-Schmidt vermutete, dass die Absolventen auf ihrem künftigen Weg wissen wollten, was Wahrheit ist: Beispielsweise Ehrlichkeit, Respekt und vor allem das Recht auf eine eigene Meinung. »Passt auf euch auf«, war sein Wunsch und auch, dass sie Mut für die Herausforderungen des Lebens aufbrächten.
Landtagsabgeordneter und Stellvertretender Landrat Michael Koller freute sich, dass er zur Entlassungsfeier in Berchtesgaden kommen durfte und nicht wie ursprünglich gedacht in Laufen. Die Abiturienten hätten mit dem Abschluss ihrer Schulzeit etwas Großartiges vollbracht. »Für euch eröffnet sich jetzt eine neue Welt.« Und er zitierte Wilhelm Busch, der den klugen Satz hinterließ: »Nur wer erwachsen wird und ein Kind bleibt, ist ein Mensch.« Für das künftige Leben gelte, dass nichts umsonst und kein Weg ein Umweg sei. Und auch Rosa Luxemburg fand mit ihrem klugen Statement Einzug in Kollers Rede: »Wer sich nicht bewegt, spürt seine Fesseln nicht.« Wichtig sei, gab der Politiker mit auf den Weg, dass »ihr Verantwortung übernehmt«.
Marktbürgermeister Franz Rasp kam in seinem kurzen Grußwort auf das Tokarczuk-Zitat, die Wahrheit im Äußeren und Inneren betreffend, zurück. Sein Rat war: »Macht euch klar, wer ihr sein wollt.« Alles Gute und Gottes Segen wünschte wie Rasp auch der Vertreter des Eltern-beirates, Helmut Langosch, den Absolventen. Es stehe nichts dafür, dass mit dem Ab-schlusszeugnis alle Anstrengungen vorbei seien. Mut beim Durchschreiten der Türen, die jetzt aufgingen, wünschte er.
Für die Schüler ergriff Viktoria Jost das Wort. Alles Gute wünschte sie zuerst auch denen, die nicht anwesend seien, für die kein Abiturzeugnis vorbereitet wurde. Zwölf Jahre habe man für diesen Tag des Feierns gearbeitet. Es sei ein Tag der Freude und Trauer gleichzeitig, weil man nun das Vertraute verlasse. Das sei »das schönste Fest unseres Lebens«, habe man gelegentlich gehört. Hoffentlich nicht, befand Viktoria Jost. Und äußerte auch die Hoffnung, »dass wir es schaffen werden, unseren Weg zu finden«. Einen etwas süffisanten Glückwunsch hatte sie auch für die Eltern parat, weil sie solch geniale Kinder zur Welt gebracht hätten.
Neben der Mitwirkung im Vokalensemble versuchten sich auch einige Abiturienten in Solo- beziehungsweise Duett-Auftritten. »The Climb«, das – vielleicht zur Einordnung für die ein wenig älteren Gäste in der Aula des Gymnasiums – ist ein Song der Pop-Sängerin Miley Cyrus. Darin wird das Leben als eine Reise beschrieben, in der man einige Hürden gehen muss, um letztlich glücklich zu sein. Das ist eigentlich nichts Neues. Viktoria Jost als Sängerin und Caroline Jost am Klavier gelang ein zumindest bemerkenswerter Vortrag. Was auch für Marco Seifried und Markus Schlag gilt mit ihrem Vortrag von »Creep«, einem Hit der Band »Radiohead«, der von Bewunderung aus der Ferne, weil man sich wegen »eigener Unvollkommenheit« nicht in die Nähe traut, erzählt.
Mit »Wann du durchgehst durchs Tal«, einem Volkslied aus Kärnten, beschloss das Vokalensemble unter Simone Resch seinen Auftrittsblock. Das Tal ist wohl hier die Schulzeit, die nun überwunden ist und den Weg frei macht für Kommendes. Und vielleicht auch der Anlass zum Eigenlob, denn alle Absolventen traten am Ende als gemischter Chor auf. »Auf uns« sangen sie, nicht ganz so abgestimmt wie das von Simone Resch geführte Vokalensemble, dafür mit Inbrunst. Das Lied von Andreas Bourani wurde anlässlich der Fußballübertragungen im Weltmeisterschaftsjahr 2014 rauf und runter gespielt. Es ist wohl zu wünschen, dass es für die nun »entlassenen« Schüler eine ähnlich erfolgreiche Zukunft einleitet. Es muss ja nicht unbedingt ein Weltmeistertitel sein.
Zuvor aber hatte der Schulleiter Andreas Schöberl das Wort. »Ihr wart der Jahrgang der Her-zen«, machte er eingangs ein Kompliment an die nun abgängigen Schüler. Der Tag der Ent-lassungsfeier sei ein janusköpfiger. In wenigen Minuten würden sie das Reifezeugnis in der Hand halten. Das obligatorische Warten auf den Freitagnachmittag habe nun ein Ende. Die gymnasiale Bildung wolle Fähigkeiten vermitteln, nach Lösungen zu suchen. Jeder, der mit einem Zeugnis herausgehe, sollte die Grundlagen für die richtigen Fragen erworben haben. Zuletzt gab es schließlich die, mit dem von Mika Steiner gestalteten Logo, mit der neuen Mappe umhüllten Abiturzeugnisse von Rupert Aigner und Schulleiter Andreas Schöberl ausgehändigt.
Dieter Meister
Aus Berchtesgadener Anzeiger vom 01.07.2024